Sie folgten den Kreaturen in eine Gasse und stellten die beiden Unholde.
„Wir reden nicht mit toten!“, zischte einer der beiden durch seine riesigen Schneidezähne hindurch. Dann fiel ihr Blick auf Gwyn und einer der beiden kam ihr sehr nahe. „Mit der hier werde ich reden, auch wenn sie tot ist.“ Er zwinkerte ihr mit seinen krustigen Augen zu. Angewidert rümpfte Gwyn die Nase und trat einen Schritt zurück. Vom Mundgeruch wurde William ganz übel. Gwyn schien ihren Ekel herunterzuschlucken und begann ganz langsam zu reden. „Wir suchen unsere Sachen, die ihr gestohlen habt. Vor allem eine Taschenuhr. Wo habt ihr sie?“
„Gestohlen?“, riefen die Rattenmenschen empört. „Wir stehlen nicht. Wir nehmen von den Toten, die es nicht mehr brauchen. Das nennt man Verwertung!“
Verständnislos blickten die drei die Rattenmenschen an, also sprachen die Kreaturen ganz langsam. „Wir haben eure Sachen verkauft. Die Uhr wollten wir behalten, aber da kam ein schwarzer Reiter und hat sie uns einfach weggenommen. Sie ist in seinem Lager auf der anderen Seite der Stadt.“ Wieder kam eine Ratte Gwyn sehr nahe und liebäugelte mit ihr. Ihm lief das Wasser im Maul zusammen und William konnte sich denken, was diese Kreatur wohl gerne mit Gwyn anstellen würde. „Danke für eure überaus hilfreichen Hinweise“, schritt William ein und stellte sich zwischen Gwyn und den Rattenmann. Hilbûr trat an diesen heran , flüsterte ihm etwas in sein großes, haariges Ohr und machte dann eine drohende Geste mit einer Faust, sodass der Rattenmensch widerwillig ein Säckchen herausrückte.
„Ihr solltet jetzt lieber gehen, hm“, wies Hilbûr die beiden mit einem bösen Blick an, also verschwanden sie um die nächste Ecke.
„Der schwarze Reiter, das war sicher Demian“, vermutete William und versank in Gedanken. Gwyns Blick wurde wehmütig, dann drehte sie sich schnell weg. „Sie können noch nicht weit sein“, meinte sie dann und rannte zurück auf die Straße „Kommt, wir müssen gehen, bevor sie über alle Berge sind.“
„Wir sollten zuerst einmal unsere Sachen zurück holen, hm“, meinte der Zwerg energisch und sammelte seine Freunde ein, um mit ihnen zu den Händlern zu gehen und ihre Ausrüstung zurückzukaufen. William fragte sich, wie Hilbûr es geschafft hatte dem Rattenmann das Geld abzujagen, was hatte er wohl zur Ratte gesagt?
Gwyn wurde immer ungeduldiger und trat ruhelos von einem Bein auf das andere. Als sie endlich auch Gwyns Umhängetasche samt Inhalt zurück erhielten, lächelte sie für einen kurzen Moment auf, bevor William beobachtete, wie ihr Gesicht wieder ins Leere entgleiste. Sie zog ihr Büchlein ein Stück heraus und streichelte es, dann verstaute sie es wieder in ihrer Tasche.
Sie verfolgten die Gruppe Soldaten den gesamten Tag, die sich bereits wieder auf den Weg gemacht hatte und als die Sonne endlich als tiefroter Feuerball unterging, hatten die drei Gefährten sie eingeholt.
Die Soldaten hatten Zelte aufgeschlagen und Feuer entzündet. Sie machten Rast und ruhten sich von dem harten Marsch aus, den Demian ihnen offensichtlich abverlangt hatte.
Die Gefährten warteten bis es Nacht wurde, um dann an den Zelten vorbei zur Jurte des Generals zu schleichen. Gwyn meinte, sie würde allein gehen, da sie am leisesten sei. Die beiden Männer nickten einverstanden und warteten hinter einem Ginstergestrüpp auf ihre Rückkehr.
Während Gwyn sich hinter die Jurte schlich und unter einigen Baumwolltüchern hindurch lugte, verfolgte William sie.
Alles schien ruhig zu sein. Er konnte ein gleichmäßiges Atmen hören. ‚Das ist Demian‘, ahnte er.
Gwyn eilte durch die Öffnung und schlich ins Innere der Jurte. Williams Herz wurde von einer Eifersucht ergriffen, die er noch nie zuvor gespürt hatte. Sicher kannte sie Demians Atem auswendig. Er stellte sich vor wie sie nächtelang wach auf den Fellen neben ihm gelegen und ihn beim Schlafen beobachtet hätte. Die Wut kochte in ihm hoch, doch er schlich hinterher und schaute durch die kleine Öffnung im überdachten Durchgang. In der Mitte glomm ein Feuer vor sich hin. Im hinteren Bereich stand ein Feldbett, auf dem ein stattlicher Körper lag. Die Rüstung hatte der Krieger ausgezogen und neben das Feldbett gestellt, das Schwert hielt er, zum Kampf bereit, immer noch in seiner Hand. Gwyn näherte sich dem Körper. Sie schlich hinüber zu den Taschen, die neben dem Feldbett standen und ganz vorsichtig durchsuchte sie sie nach der Uhr, doch sie schien nichts zu finden. Sofort kam William ein schrecklicher Gedanke – was, wenn er sie bei sich trug?
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